Viele Menschen wollen eine Veränderung der herrschenden Verhältnisse. Doch wie und wo kann die/der Einzelne überhaupt mitgestalten?
In Kürze findet der Weltgipfel Rio plus 20 statt. Wie schon bei der Vorgängerkonferenz 1992 geht es um Umwelt und Entwicklung, präziser um globale Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit.
Letztgenannter Begriff wurde in den vergangenen 20 Jahren zum Joker, der jede politische oder gedankliche Leerstelle füllen kann. Alles und jeder ist mittlerweile nachhaltig. Dabei nehmen in der realen Welt Ungerechtigkeit und Naturzerstörung ungebrochen zu.
Die Erwartungen der Zivilgesellschaft an die Konferenz Rio plus 20 sind gering. Doch dass das Thema der Konferenz viele Menschen wirklich bewegt, wurde in den vergangenen Monaten bei zahlreichen Veranstaltungen offensichtlich. Antworten auf die Frage: „Was kann der Einzelne konkret für mehr Gerechtigkeit und den Erhalt der natürlichen Umwelt tun?“ werden intensiv und mit Leidenschaft gesucht. So auch bei der jüngsten Podiumsdiskussion des Südwind-Magazins in der Hauptbücherei in Wien Ende April.*)
Dabei wurde das Wortjuwel „Diskontinuitätsverdacht“ unter die Leute gebracht. Damit ist die latent allgegenwärtige Stimmung des „So kann (wird) es nicht weitergehen“ in einen Begriff gegossen. Woran liegt es also, dass in einer Zeit des Diskontinuitätsverdachtes seitens der besorgten und kritischen BürgerInnen es nicht gelingt, die Politik zu verändern?
Die drei ReferentInnen am Südwind-Podium steckten ein weites Feld ab. Heini Staudingers Firma GEA ist für österreichische Umwelt- und Entwicklungsorganisationen ein „Musterbeispiel für ein anderes Wirtschaften“. Staudinger setzte bei der Lebensqualität an. Er strich das Revolutionäre heraus, sich nicht zum Sklaven oder der Sklavin der herrschenden Konsumgesellschaft machen zu lassen. Max Santner, Leiter der Internationalen Hilfe des österreichischen Roten Kreuzes, sieht drei unverzichtbare Schritte: die Überwindungvon aggressiven Nationalismen, von Fremdenfeindlichkeit und Protektionismus. Anneliese Rohrer, die Grande Dame des politischen Journalismus in Österreich, mahnte, dass ohne Demokratie und Befassung mit der realen Politik in Sachen Versöhnung von Ökonomie und Ökologie gar nichts gehe. Die Haltung, Opfer einer inferioren Politik zu sein, gefährde die Demokratie. Letztere Aussage provoziert ein Publikum, das sich zum Großteil selbst als politisch interessiert und aktiv versteht, dem bestehenden politischen Apparat aber ablehnend gegenübersteht.
Die Sympathierverteilung für die RednerInnen seitens des Publikums lassen vermuten, dass die herrschende Politikerverdrossenheit tatsächlich in Politikverdrossenheit umgeschlagen ist. Resümee aus der Diskussion kann nur sein, dass es sich nicht um ein „entweder – oder“ sondern um ein „sowohl als auch“ handeln muss. Bei sich selbst, dem eigenen Denken und Lebensstil anzusetzen, ist unverzichtbar. Doch es braucht einen kräftigen und beherzten Schritt darüber hinaus. Wenn wir mit der herrschenden Politik unzufrieden sind, müssen wir direkt mit ihr in Kontakt treten und Druck aufbauen, nachhaltigen Druck.
*) Ein Audiomitschnitt ist nachzuhören auf www.suedwind-magazin.at
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